Vertrauen vermag alles! (Therese von Lisieux)
„Wem soll man heute noch trauen?“ Das Vertrauen ins Leben ist brüchig geworden, ein tiefes Misstrauen erfüllt unsere Gesellschaft. Es herrscht ein ziemliches Tohuwabohu (hebr.), was soviel bedeutet wie heilloses Durcheinander. Dieses Chaos verunsichert uns und manche reagieren ziemlich kopflos, andere hilflos und wieder andere ziehen sich zurück in eine digitale Scheinwelt. Andere sehen in den aktuellen Krisen eine Chance auf Neuausrichtung und Wandlung. Wie können wir unser Vertrauen ins Leben wieder zurückgewinnen?
Sicht-Wechsel:
Misstrauische Menschen sind keine angenehmen Zeitgenossen. Es sind die ständigen Kritiker, Nörgler, Schwarzmaler oder Besserwisser. Der Grund für ihr Misstrauen liegt meist in einem Mangel an Urvertrauen, dass in den ersten Lebensjahren wenig entwickelt wurde. Ob wir in einem liebevollen Umfeld groß geworden sind, wo wir einerseits sichere Bindungen entwickeln konnten und andererseits den Freiraum bekamen, um das nötige Selbstvertrauen zu entwickeln, können wir nicht mehr beeinflussen. Aber wir können uns jeden Tag neu entscheiden, ob wir in eine vertrauensvolle Haltung hineinwachsen möchten. Sie ist die Grundlage für unsere Lebendigkeit und Lebenslust. Denn entscheidend sind ja nicht die Jahre die wir leben, sondern das Leben in unseren Jahren.
Wie stärke ich mein Vertrauen?
Selbstvertrauen:
Das Vertrauen in meine eigenen Kompetenzen kann ich entwickeln, wenn ich liebevoll mit mir umgehe (d.h. mein So-Sein akzeptiere) und aufhöre, mich ständig abzuwerten. Ich bin gut genug. Die Probleme die daherkommen kann ich als Herausforderungen annehmen, die ich bereit bin, anzunehmen. Wenn mir die anderen alle Steine aus dem Weg räumen (oder ich es ständig von anderen einfordere), kann ich mein Selbstvertrauen nicht entfalten und das Leben wird langweilig. Sobald ich Verantwortung für mein Leben übernehme, stärke ich damit automatisch das Vertrauen in meine Kompetenzen. Nicht mehr die anderen gestalten…. Ich gestalte! Auch wenn es mühsam ist.
Vertrauen in die Welt:
Das Vertrauen, dass jemand da ist, wenn ich es alleine nicht mehr schaffe, stärke ich, indem ich mir bewusst mache, dass wir eine Menschheitsfamilie sind. Alles ist mit allem verbunden und verwoben. Ich bin ein Teil davon und das Leben wird für mich sorgen. Vielleicht nicht so, wie ich mir das wünsche, aber bestimmt so, wie ich es brauche und es gut für mich ist.
Gottvertrauen:
Die größte Herausforderung ist wohl das Vertrauen, dass es wieder gut wird. Die Meldungen der Kriegsberichterstatter und Klimaforscher verunsichern zutiefst und wir bangen, ob es wieder gut wird. Jede/r von uns ist gefordert, seinen Beitrag zu leisten, doch im Letzten spüren wir, dass wir es nicht in der Hand haben. Kontrollverlust verunsichert, Angst macht sich breit. Ständig sind wir auf der Suche nach Verantwortlichen, die die Kontrolle wiederherstellen sollen. Das ist der springende Punkt. Wenn wir unseren Wunsch nach Kontrolle loslassen, entgleitet uns das Ruder und jemand anderer steuert. Hier beginnt das eigentliche Gottvertrauen. Eine tiefe Erfahrung des Gehalten und Geführt Seins wartet auf uns.
Richard Rohr (Franzsikanerpater, Autor)
beschreibt dieses Gottvertrauen mit dem „Sprung von der Leiter“:
Viele von uns bauen sich eine Leiter zu Gott. Du baust eine Sprosse nach der anderen, um zu Gott zu gelangen. Diese Sprossen geben dir Sicherheit, denkst du, aber das ist eine Illusion. Viele Konservative sind dauernd damit beschäftigt, solche Sprossen zu bauen. Sie machen noch mehr Gottesdienste und Gebote. Ich glaube, es ist ganz richtig, mit dem Sprossen bauen anzufangen, aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Stell dir vor, du stehst nun ganz oben auf der Leiter. An diesem Punkt ruft dir die Gnade Gottes zu: SPRING! Die meisten Menschen wagen nicht zu springen, weil sie Angst haben, dass da niemand ist, der sie auffängt. Es braucht dein ganzes Vertrauen und die Erfahrung, dass der tragende Grund hinter allem die Liebe ist. Da ist jemand, der dich auffängt. Die Wirklichkeit ist gut. Das Universum ist ein vertrauenswürdiger, liebevoller und guter Ort. Es ist sicher und trägt. Ich muss mich nicht absichern und muss nichts mehr kontrollieren.
Jesus hat diesen Sprung gewagt und sich ganz in die Liebe Gottes hineinfallen lassen, wenn er sagt: „Ich bin gekommen um zu dienen und mein Leben hinzugeben für viele. (Mk 10,45)
Übung:
Wir leben in Beziehung zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen, zu Gott und der ganzen Schöpfung. Nimm dir Zeit und überlege für dich, in welchen Beziehungen du gerne die Kontrolle übernimmst und selber Sprossen baust und in welchen Beziehungen du vertrauensvoll loslassen kannst? Was fühlt sich besser an?
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